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Der „Frosch“ und die „Marionette”: Die Stunde Makonis oder wie in Simbabwe Oppositionspolitik betrieben wird.

26. März 2008
von Brian Raftopoulos

Von Brian Raftopoulos
Director of Research, Solidarity Peace Trust and Research Associate, University of Cape Town

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Einführung

Es ist bezeichnend für die geringen Erwartungen und den schwindenden Handlungsspielraum im politischen Leben Simbabwes, dass Simba Makonis Bewerbung um das Amt des Staatspräsidenten dieses Jahr viel neue Energie auf der politischen Bühne seines Landes mobilisieren konnte. Während Simbabwe im Sumpf einer langwierigen politischen und wirtschaftlichen Katastrophe unterging, erschien ein erneuter verhängnisvoller „Wahlsieg“ Mugabes eigentlich unvermeidlich. Es sah aus, als ob Mugabes scheinbar endlose Amtsdauer dazu führen würde, „das Land mit Windeseile ins Grab zu stürzen“, wie es der große Historiker Isaac Deutscher einmal radikal formulierte. Eine Amtsdauer, die durch ein Zwangsregime, in dem die Politik des Landes weitgehend durch ein enges Geflecht von Staat und Partei kontrolliert wird, und durch die gewaltigen Fehler der weiterhin gespaltenen Oppositionsgruppierung MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) aufrechterhalten wird.

Doch wie so oft bei übermäßig autoritären Regierungssystemen: Ihre Legitimation beginnt zu erodieren, wenn die Gegensätze zwischen breiter nationalistischer Rhetorik und dem engstirnigen politischen Projekt einer kleinen Elite offensichtlich werden. In den letzten Jahren sind die Risse in Simbabwes Regierungspartei Zanu-PF (Zimbabwe African People’s Union) immer deutlicher geworden und die Stimmen Andersdenkender – zuerst noch gedämpft und kaum vernehmlich – sind immer lauter geworden, je mehr das Land in die Krise stürzte.

Die Partei, die stets ausländische Einflüsse für die Misere in Simbabwe verantwortlich machte, muss sich jetzt mit zunehmender Kritik aus den eigenen Reihen an ihrer Führungsrolle und Politik auseinandersetzen. Neben Mugabes alter Litanei, die die Ursachen der Krise stets auf imperialistische Kräfte abgeschoben hat, werden Stimmen laut, die nun ihn selbst für den andauernden Niedergang seines Landes verantwortlich machen. Die Kritik, die Opposition und Zivilgesellschaft seit gut einem Jahrzehnt an der mangelnden Einhaltung der Menschenrechte durch die ZANU-PF üben, wird jetzt endlich - vor dem Hintergrund andauernder interner Machtkämpfe - auch in der Regierungspartei artikuliert. Obwohl der Einfluss und die Intention hinter diesen neuen Stimmen im Parteiapparat der Zanu-PF noch weitgehend ungeklärt sind, ist doch bereits die Tatsache, dass sie in einer Partei vernehmbar wurden, in der früher kein Widerspruch geduldet wurde, ein Zeichen dafür, dass sich die Verhältnisse in der Partei grundsätzlich geändert haben.

Makoni als Präsidentschaftskandidat: Der politische Hintergrund

Es muss beachtet werden, dass Simba Makoni in seinem Wahlkampf von Anfang an verdeutlichte, er befürworte eine „Reform der Zanu-PF“. In seiner Rede, in der er seine Kandidatur gegen Mugabe erklärte, bekräftigte er gleichzeitig sein Bekenntnis zur Zanu-PF: „Ich erkläre hiermit meinen Glauben an und meine Loyalität zur Partei. Ich wäre viel lieber als ihr offizieller Kandidat angetreten. Leider, wie wir alle wissen, wurde diese Möglichkeit jedem anderen Kader verweigert, der bereit gewesen wäre, seiner Partei und seinem Lande zu dienen.“

Makoni musste sich somit von Beginn des Wahlkamps an als Stimme aus der Zanu PF darstellen und als denjenigen, der wieder – wie er behauptet – die wahren Ideale und Wertvorstellungen der Regierungspartei verwirklichen will. Die Zanu-PF ist Makonis historischer Bezugspunkt und die politische Tradition, von der er ausgeht – jedoch eingebettet in seinen  „stärkeren Glauben an“ und seine „größere Loyalität gegenüber ganz Simbabwe“. In der simbabwischen Politik bedeutet das bereits einen Schritt vorwärts, weil damit der seit längerem anhaltende Kampf in der ZANU-PF um die Nachfolge Mugabes und die Zukunft der Partei an die Oberfläche kommt.

Welche Gründe waren für Simba Makonis Entscheidung verantwortlich, in diesem Jahr Mugabes Führungsrolle in Frage zu stellen? Die hier vorgenommene Analyse kommt zu dem Schluss, dass Makonis Antreten als Präsidentschaftskandidat vermutlich durch das Zusammenkommen folgender vier Faktoren erklärt werden kann: 

  • des wirtschaftlichen Niedergangs Simbabwes
  • des Machtkampfs innerhalb der Zanu-PF
  • der Spaltung der Opposition sowie
  • des Scheiterns der SADC-Vermittlungsgespräche.

Erstens

bedroht der wirtschaftliche Niedergang Simbabwes (Inflationsrate von 150.000 Prozent und Arbeitslosigkeit mehr als 80 Prozent) nicht mehr nur die Mehrheit der Bürger, die in bittere Armut geraten sind, sondern mittlerweile auch diejenigen, die bisher vom Patronagesystem der Regierungspartei profitiert haben, nun aber ein „normaleres“ politisches und wirtschaftliches Umfeld brauchen, damit ihr angehäufter Reichtum nicht doch am Ende durch Simbabwes Hyperinflation aufgefressen wird. Die Krise ist das Ergebnis einer desaströsen staatlich sanktionierten Übernahme von Wirtschaftsgütern in völliger Abwesenheit einer nachhaltigen Wachstumsstrategie, geleitet von inkompetenten Führungskräften, jenseits westlicher Investoren und der internationalen Gebergemeinschaft. Wie Makoni es verdeutlicht:

„Präsident Mugabe hat im Laufe der Jahre ein beachtliches Maß an Standfestigkeit gezeigt, aber in Wirklichkeit kennen wir seine Schwächen und wir wissen: Er und seine Berater sind nicht in der Lage, eine glaubwürdige Strategie für einen nachhaltigen Aufschwung in unserem Land zu entwickeln.“

Zweitens

kommt die Herausforderung durch Makoni aus einer Partei, in deren Entwicklungsgeschichte - seit Mugabe die Führung übernommen hat - eine Reihe heftiger Kämpfe ausgefochten wurde, in deren Verlauf Mugabe seine Stellung an der Spitze verfestigte. Seit Mitte der 1970er Jahre, als Mugabe an die Macht kam und die junge, radikale ZIPA-Gruppierung marginalisierte, bis hin zur Zerstörung der rivalisierenden Befreiungsbewegung ZAPU während der Gukurahundi-Greueltaten in den 1980er Jahren hat sich Mugabe die Unterstützung des Militärs gesichert, um seine Machtstellung zu konsolidieren.

Als verschiedene Akteure innerhalb der Regierungspartei versuchten, sich beim regulären Parteitag im Dezember 2004 gegen Mugabe zu stellen, setzte dieser den gesamten Parteiapparat erfolgreich gegen die so genannte „Tsholotsho-Gruppe“ ein – unter anderem gegen den damals sehr einflussreichen Informationsminister Jonathan Moyo.
Ende 2007 manipulierte er erneut den ZANU-PF Parteitag - diesmal mit Unterstützung eines Teils der Kriegsveteranen – und brachte seine Nominierung für die Präsidentschaftswahlen in 2008 unter Dach und Fach.

Bisher hat Mugabe alle Versuche abwehren können, einen Gegenkandidaten innerhalb der ZANU-PF aufzustellen, unter anderem durch die seit 1980 von ihm vorangetriebene  „Regionalisierung“ der Parteiführung. Letztere sorgt weitgehend dafür, dass kaum andere Parteikader innerhalb der ZANU-PF als nationale Kandidaten in Erscheinung treten. Durch politische Patronage zwischen staatlich sanktionierter Begünstigung und der Androhung von Zwangsmaßnahmen hat es Mugabe bisher geschafft, die Regierungspartei in seinem eisernen Griff zu halten.

Das Antreten Simba Makonis ist eine große öffentliche Herausforderung aus den eigenen Rängen der ZANU-PF - ein Versuch, der anscheinend auch von Führungskräften der Partei unterstützt wird. Eine Erklärung von Kudzai Mbudzi, einem Major im Ruhestand, der früher einen hohen Posten in der Armee innehatte, deutet darauf hin, dass Makoni auch beim Militär und beim Geheimdienst über signifikanten Rückhalt verfügen könnte. Mbudzi warnte Anhänger der Zanu-PF vor dem Versuch, durch Gewalt oder Einschüchterung Makonis Gegenkandidatur zu verhindern: „Wir erwarten eine übereifrige Reaktion der Geheimdienste. Man muss sie daran erinnern, dass auch wir zum Geheimdienst gehören und dass wir das nicht zulassen werden. Wir haben sie gewarnt, dass wir sie auch persönlich zur Verantwortung ziehen werden.“

Somit wird Mugabe - zum ersten Mal seit seiner Machtübernahme mit der Unterstützung des Militärs - von einem Präsidentschaftsanwärter herausgefordert, der in diesem Schlüsselbereich unter Umständen auch einen starken Rückhalt hat.

Drittens

hat Makoni die Spaltung der MDC im Jahre 2005 und den gescheiterten Versuch, die beiden Flügel der Oppositionspartei 2007 wieder zu vereinigen, zu seinem Vorteil genutzt. Da die MDC bei den Wahlen keine einheitliche Opposition darstellen wird und die Spaltung zunehmend ethnische Dimensionen annimmt, konnte Makoni die Gelegenheit nutzen, sich zweierlei zu Nutze zu machen: die Unzufriedenheit mit der Regierung und die Verzweiflung über die gespaltene Opposition. Es ist daher auch bezeichnend, dass Makoni seine Präsidentschaftskandidatur nur wenige Tage ankündigte, nachdem der Versuch einer Wiedervereinigung der MDC offiziell als gescheitert erklärt worden war.

Der missglückte Versuch, die Shona- und Ndebele-Gruppen der beiden Flügel zusammenzubringen, sowie die andauernde mangelnde Bereitschaft der Partei, ihre Probleme auf organisatorischer Ebene und durch Zuordnung von Verantwortung zu lösen (die schon zur Spaltung 2005 geführt hatten), trieben die kleinere, in Matabeleland verankerte Mutambara-Gruppierung in die Arme Makonis. Sie erklärte ihre Unterstützung für Makonis Kampagne, will jedoch bei den Parlamentswahlen weiterhin selbst antreten, vor allem in den Matabeleland-Provinzen.

Makoni hat auf die Unterstützung durch Mutambara recht distanziert reagiert und seine Ambivalenz wie folgt erklärt: „Es gibt viele Menschen in der Zanu-PF, die meine Vision teilen. Ich will diese Menschen nicht vergraulen, indem ich eine Koalition mit einer bestimmten Gruppe eingehe.“

Im Gegensatz zu Mutambara hat Morgan Tsvangirai bisher eine Zweckverbindung mit Makoni zu den Wahlen abgelehnt. Er erklärt seine Position wie folgt: „Dr. Makoni gehörte zum Establishment der Zanu PF. Er ist deshalb mitverantwortlich. Ich glaube, Dr. Makoni versucht, eine institutionalisierte Diktatur zu reformieren. Wir haben andere Ziele. Unsere Partei [die MDC] will die politische Kultur dieses Landes von Grund auf verändern. Es besteht ein großer Unterschied zwischen der Reform einer Diktatur und ihrer völligen Transformation.“

Viertens

hat das Scheitern der von Südafrika geleiteten Vermittlungsgespräche wahrscheinlich die Unzufriedenheit in der Zanu-PF gesteigert und damit Makoni und seinen Anhängern einen weiteren Anlass geboten, sich aus der Deckung zu wagen. Die Vermittlungsgespräche wurden von der Entwicklungsorganisation des Südlichen Afrika (SADC) im Jahre 2007 begonnen, um die politische Krise in Simbabwe beizulegen, haben aber letztlich vor allem einmal mehr Mugabes Unnachgiebigkeit bewiesen.
Die ursprünglichen Ziele der Vermittlungen waren: Zanu-PF und MDC sollten sich

  • auf Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Jahr 2008 einigen;
  • über die notwendigen Schritte verständigen, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten das Ergebnis der Wahlen als den wahren Willen des Volkes anerkennen und
  • auf Maßnahmen einigen, welche von allen politischen Parteien und sonstigen gesellschaftlich relevanten Akteuren umgesetzt und befolgt werden sollen.

Somit sollte ein Umfeld geschaffen werden, dass die Anerkennung der Wahlergebnisse erleichtert. Nach monatelangen Verhandlungen zwischen der Zanu-PF und der MDC und einer vermeintlichen Verständigung über mehrere strittige Punkte, scheiterten die Vermittlungen im Februar 2008. Man konnte sich auf drei wesentliche Punkte nicht einigen: das konkrete Wahldatum, den Zeitrahmen für die Umsetzung der beschlossenen Reformen sowie das Vorgehen zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung.

Während der südafrikanische Präsident Mbeki und die SADC behaupteten, dass Zanu-PF und MDC sich in allen wesentlichen Punkten einigen konnten und nur noch die „Frage des Vorgehens bei der Verabschiedung des vereinbarten Verfassungsentwurfes gelöst werden müsse”, wies die MDC diese Stellungnahme zurück. In einer am 21. Februar 2008 veröffentlichten Erklärung verdeutlichten beide Flügel, dass es sich bei den oben erwähnten Problemen „nicht um reine Vorgehensfragen, sondern um grundlegende Fragen handle, bei denen es um das Wesentliche geht.” Außerdem erklärte die MDC, dass Mugabes einseitige Ankündigung des Wahltermins am 25. Januar 2008 „auf eine Nichtbeachtung des SADC-Dialogs durch die Zanu-PF hinausläuft.”

Für die MDC war es wichtig, sich am SADC-Vermittlungsprozess zu beteiligen, um

  • zu beweisen, dass sie afrikanischen Vermittlungsversuchen aufgeschlossen gegenüber steht;
  • um  erneut zu beweisen, wie wenig die SADC de facto zur Beilegung der Krise in Simbabwe beitragen kann
  • und um die völlig unnachgiebige Haltung Robert Mugabes bloßzustellen.

Hätte sich die MDC zu früh aus dem SADC-Prozess zurückgezogen, hätte sie sich dem Vorwurf aussetzen müssen, „afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“ nicht ernst zu nehmen. Für Makoni, der die Dynamik von SADC-Prozessen vermutlich besser kennt als die MDC (er amtierte von 1984-1997 als Exekutivsekretär der SADC), war es ebenfalls wichtig, das Ergebnis der Vermittlungsversuche abzuwarten, bevor er seine Kandidatur gegen Mugabes erklärte. Er musste ebenfalls den Eindruck erwecken, er sei am SADC-Prozess interessiert.

In zukünftigen Analysen wird sich mit einiger Wahrscheinlichkeit der Eindruck aufdrängen, dass der gescheiterte SADC-Vermittlungsversuch einige Ähnlichkeiten mit dem so genannten Détente-Prozess der 70er Jahre im südlichen Afrika aufweist. Damals bahnten Südafrika, Sambia, die Befreiungsbewegungen und das Regime von Ian Smith unter dem Druck der amerikanischen und englischen Regierung Verhandlungen an, um die Rhodesien-Frage zu lösen. Obwohl die rhodesische Krise durch den Détente-Prozess nicht beigelegt wurde, löste dieser einen Machtkampf innerhalb der Befreiungsbewegungen aus und bildete damit den Auftakt für die ‚Lancaster-House-Gespräche’ Ende der 1970er Jahre.

Die Wahlen Ende März 2008 und ihre möglichen Folgen

Unter den gegebenen Bedingungen ist nicht damit zu rechnen, dass die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen Ende März unter annähernd freien und fairen Bedingungen stattfinden werden. Alle im Rahmen der SADC-Vermittlung thematisierten Rahmenbedingungen, die für einen akzeptablen Wahlverlauf notwendig wären, werden von Mugabe zurückgewiesen bzw. missachtet. Das Wahlergebnis wird deshalb aller Wahrscheinlichkeit erneut umstritten sein.

Mugabes Medienkampagne ist bereits voll angelaufen, und - wie erwartet - werden sowohl Makoni als auch Tsvangirai dämonisiert. Während letzterer wie üblich als „Marionette“ (weißen Imperialisten) dargestellt wird, hat Mugabe ersteren mit einem „Frosch“ verglichen, „der versucht, sich bis zur Größe eines Ochsen aufzublähen. Er wird dabei platzen”. Die staatlich kontrollierte Zeitung „The Herald“ bezeichnete Makonis Kandidatur als  „ein fremdes Unterfangen, dass schlimmer ist, als alle MDCs zusammen […] Dieses politische Hurengebilde soll diesen einzigartigen Mann [Robert Mugabe] aus seinem Amt verdrängen, damit die verbitterten Engländer ihre Freude daran haben.”

Makoni geht als unabhängiger Kandidat ohne eigene formelle Parteistruktur ins Rennen. Er erklärte dazu, dass er innerhalb der Zanu-PF auf allen Ebenen starken Rückhalt habe und dass sich diese Tatsache bei den Präsidentschaftswahlen herausstellen werde. Abgesehen von der Unterstützung durch Dumiso Dabengwa und Edgar Tekere – beide Veteranen des Freiheitskampfes, die jedoch in ihren Wahlkreisen in Matabeleland und Manicaland wenig Anhänger haben – hat Makoni bisher keine öffentliche Unterstützung von prominenten Mitgliedern der Regierungspartei bekommen. Zwar halten sich Gerüchte über eine inoffizielle Unterstützung Makonis, deren Wahrheitsgehalt wird sich jedoch noch zeigen.  Da Mugabe gegen seine Gegner innerhalb und außerhalb der Partei immer rücksichtslos vorgegangen ist, ist kaum zu erwarten, dass die Öffentlichkeit vor den Wahlen über eine solche Unterstützung etwas erfahren wird.

Makonis schwierige Aufgabe

Makoni muss deshalb eine sehr schwierige Strategie verfolgen: Er muss inoffiziell Unterstützung innerhalb der Zanu-PF mobilisieren und gleichzeitig öffentlich um die Unterstützung der Wähler werben. Vor allem wird er Mugabes ländliche Wählerschaft für sich gewinnen und ebenso gegen die Tsvangirai-MDC in den städtischen Gebieten erfolgreich sein müssen. Gleichzeitig muss er darauf hoffen, dass ihm die Mutambara-MDC den größten Teil der Wähler in den beiden Matabeleland-Provinzen zuführt.
Bis jetzt hat Makoni seine Vorstellungen zum politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau recht vage mit einem Hinweis auf eine Richtungsänderung erläutert, die David Moores Vorstellung einer größeren „market civilisation“ entspräche. Eine solche Ausrichtung wäre mit den makroökonomischen Stabilisierungsprogrammen beider MDC-Gruppierungen vergleichbar.

Für beide MDCs wird die Wahl ebenfalls entscheidend. Erstens wird sich zeigen, auf welcher Seite sich die Wähler in Matabeleland stehen – ein immer wieder umstrittener Punkt bei den „Wiedervereinigungsgesprächen“ zwischen den beiden Flügeln. Sollte die Mutambara-MDC in Matabeleland nicht erfolgreich sein, wird sie ihre Bedeutung für Makoni verlieren und insgesamt wohl keine politische Daseinsberechtigung mehr haben. Sollte sie jedoch in Matabeleland erfolgreich sein und könnte Makoni gleichzeitig Mugabes Anhängerschaft in anderen ländlichen Gebieten auf seine Seite bringen, wird die Mutambara-MDC während des politischen Wiederaufbaus nach den Wahlen an Einfluss gewinnen.

Morgan Tsvangirais MDC muss weiterhin in den städtischen Gebieten ihre Stellung sichern und auch in Matabeleland eine möglichst große Anzahl an Stimmen erreichen. Unter den heutigen Bedingungen ist es höchst unwahrscheinlich, dass Tsvangirai die Präsidentschaftswahl im ersten Wahlgang gewinnen kann. Sollte er nach der ersten Runde hinter Makoni an dritter Stelle liegen, wäre seine Unterstützung für Makoni in einer etwaigen zweiten Runde unerlässlich. Damit könnte Tsvangirai auch bei der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit an Einfluss gewinnen. Andererseits wäre unter Umständen sein Führungsanspruch in der MDC in Frage gestellt, würde er eine weitere Wahl verlieren (unabhängig von der Frage, wie häufig er zuvor um einen berechtigten Sieg betrogen wurde). So könnten diese Wahlen durchaus einen Strich unter Morgan Tsvangirais politische Karriere ziehen und auch insgesamt neue Oppositionsführer hervorbringen. Dabei könnte auch die Frage der Vereinigung der MDC von einem neuen Kandidaten wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Mugabe und die Gewalt

Mugabes Wahlkampagne wird wahrscheinlich so umstritten sein wie die vorherigen. Auch Gewalt wird wohl wieder eine Rolle spielen, wenn Mugabe der Ansicht ist, dass seine solide Basis auf dem Lande bedroht sein könnte. Es ist kaum zu erwarten, dass er einem anderen Kandidaten „erlauben“ wird, die Wahlen zu gewinnen. Doch selbst wenn Mugabe erneut gewinnen sollte, wird die Zanu-PF aus dem Wahlkampf stark verändert hervorgehen und durch den Kampf um seine Nachfolge tief gespalten werden. Ein Wahlsieg Mugabes würde außerdem eine Anfechtung der Wahlergebnisse nach sich ziehen, die politische und wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern und die westlichen Sanktionen gegen das Regime weiter verstärken.

Dies könnte wiederum dazu führen, dass die Auseinandersetzungen innerhalb der Zanu-PF noch heftiger geführt werden und – als gefährlichste Folge – unter Umständen Teile des Militärs in die Versuchung kommen, in die Krise der Regierungspartei einzugreifen. Der Befehlshaber der simbabwischen Armee, Constantine Chiwenga, hat bereits auf die Möglichkeit einer militärischen Intervention hingewiesen. Am 9. März 2008 erklärte er:„Es werden Wahlen stattfinden und die Armee wird vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen keine Verräter und keine Agenten des Westens unterstützen oder begrüßen. Wir werden niemanden unterstützen außer Präsident Mugabe, der so viel für dieses Land geopfert hat.“

Diese Haltung wurde ebenfalls vom Leiter der Strafvollzugsverwaltung, dem früheren Armeemajor Paradzai Zimondi vertreten, der drohte, dass er im Falle einer Wahlniederlage Mugabes „zurückkehren würde, um sein Land zu verteidigen“. Vergleichbare Drohungen äußerte der damalige Oberbefehlshaber der Streitkräfte Vitalis Zvinavashe bereits vor den Präsidentschaftswahlen 2002.

Derartige Äußerungen sind bedenkliche Anzeichen, denn ein Eingreifen des Militärs wäre der Beginn eines noch schlimmeren Kapitels in der Geschichte Simbabwes – wir können alle nur hoffen, dass dieser Fall nicht eintreten wird.